Gutenbergs Buchdruck wählte das Time-Magazin zur bedeutendsten Erfindung des zweiten Jahrtausends. Was sonst? Keine Erfindung wirkt derart lange nach, wie das Setzen von kleinen Bleizink-Lettern in einen Holzkasten. Zahlen? Über eine Million Titel finden sich heute im „Verzeichnis aller lieferbarer Bücher“. Der vom Deutschen Börsenverein des Buchhandels geschätzte Umsatz mit Büchern beträgt mehr als 9 Milliarden Euro. Stolze Zahlen für eine alte Erfindung.
Weit weniger bekannt ist allerdings Gutenbergs Einfluss auf die deutsche Sprache. Ohne den Buchdruck müsste diese Broschüre in mindestens 15 Versionen geschrieben werden, wie zum Beispiel in Alemannisch, Badisch, Bayrisch, Fränkisch, Kölsch, Pfälzisch, Sächsisch und Schwäbisch. 15 Texter müssten engagiert werden – wobei der hiesige Texter bestenfalls radebrechendes Kölsch und Pfälzisch zu Stande bringen würde. Ein Aufwand, der manchen Etat sprengen würde, mal ganz davon abgesehen, dass diese Broschüre so gar nicht gedruckt werden könnte. Erst durch die Verbreitung von Gedrucktem, Gutenbergs berühmte Bibel ist hier an erster Stelle zu nennen, entwickelte sich so etwas wie Hochdeutsch. Damals wie heute machte es keinen ökonomischen Sinn, das Buch in unzähligen Varianten zu drucken. Wer also Gottes Wort lesen wollte, sah sich gezwungen, eine Einheitssprache zu verstehen, so wie Buchsetzer sich gezwungen sahen, eine Konsenssprache zu drucken. Und plötzlich konnte der Bayer den Preußen verstehen – zumindest sprachlich. Deshalb sollten nicht nur Etatdirektoren zum Buchdruck sagen: „Schön bist du, mein Freund. Sieh, schön bist Du.“