Postkutsche

„Hoch auf dem gelben Wagen, Sitz‘ ich beim Schwager vorn. Vorwärts die Rosse jagen, Lustig schmettert das Horn…“ sang 1974 unser damaliger Außenminister und späterer Bundespräsident Walter Scheel. Die Postkutsche spielte aber zum Versenden der diplomatischen Post keine Rolle mehr. 1923 erhielten die letzten Postpferde in Hannover ihr Gnadenbrot; ein knapp 300 Jahre altes Transport- und Kommunikationsmittel verabschiedete sich still und leise in Stall und Scheune. Davor durchlief aber auch die Postkutsche einige Innovationsschübe. Ruckelten um 1770 die Kutschen mit gemächlichen 2 km/h durchs Lande, brachten sie es im Jahr 1850 durch verbesserten Straßenbau, schnittigere Aerodynamik und neueste Pneutechnik auf Schwindel erregende 10 km/h. Dennoch: Ihr Ende war schon eingeläutet. Die Eisenbahn kündigte sich mit großem Getöse an – und die Postdienste sprangen schnell aufs neue „Pferd“. Die erste Poststrecke in Deutschland wurde übrigens zwischen Leipzig und Hamburg eingerichtet. Man schrieb das Jahr 1660. Schon wenige Jahre später durchzog ganz Deutschland ein dichtes Postkutschennetz. Ein reger Schriftverkehr zwischen den Reichs-, Hansestätten und den Bistümern begann. Werbebriefe dienten damals allerdings nur zum Anwerben einer Braut oder eines Bräutigams. Mailings und Werbeversand in der heutigen Form sah die Postkutsche nicht, dieses sind Erfindungen des 20. Jahrhunderts. Aber welches Pferd möchte auch die 175 Millionen Ikea-Kataloge ziehen, die jedes Jahr in Deutschland und Österreich verschickt werden?